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    Kampf gegen das Bienensterben

    Milben, Pflanzenschutzmittel und Honigproduktion

    Beitrag von Anne
    10.07.2019 — Lesezeit: 5 min
    Kampf gegen das Bienensterben

    Eines lässt sich nicht mehr verleugnen: Die Bienen sterben. Wir sind diejenigen, die dafür die Verantwortung übernehmen sollten und das so schnell wie möglich. Die Zeit drängt und es steht einiges auf dem Spiel.

    Menschen essen seit Jahrtausenden Honig. Bereits 9.000 Jahre alte Höhlenmalereien zeigen "Honigjäger" bei der Arbeit. Die Geschichte der Haltung von Hausbienen geht bis ins 7. Jahrtausend v. Chr. zurück. Noch bevor man Zucker als Süßstoff kannte, nutzte man Honig.

    Heute wird die Honigherstellung wie so ziemlich alles in einem sehr viel größeren Umfang betrieben und der Mensch zerstört den Lebensraum der Nektar sammelnden Insekten.

    Bienen sind für ein funktionierendes Ökosystem unverzichtbar

    Arbeiterbienen am MagazinArbeiterbienen am Magazin

    Mehr als 80 Prozent aller Nutz- und Wildpflanzen sind für die Bestäubung auf Bienen angewiesen. Zwar können auch ein paar andere Insektenarten Blüten bestäuben, jedoch spielen die Bienen die größte Rolle. Sie garantieren unsere Nahrungsversorgung. Sterben die Bienen, können die Pflanzen keine Früchte mehr tragen und sterben auf Dauer auch aus.

    Die Bienen bilden mit den Pflanzen eine perfekte Symbiose: Sie benötigen den Nektar der Pflanzen als Nahrung, die Pflanzen brauchen Hilfe dabei, ihre Pollen weiterzutragen, sich zu vermehren und Früchte zu tragen. Ein Geben und Nehmen, in das sich einer einmischt: der Mensch.

    Seit einigen Jahren kommt es zu einem massenhaften Bienensterben. Immer wieder sind ganze Völker davon betroffen und es werden immer mehr. Um das Geschehen genauer zu verstehen, muss man sich näher mit den fleißigen Insekten beschäftigen.

    Honig ist die von Insekten zur eigenen Nahrungsversorgung hergestellte Masse aus ihren Ausscheidungsprodukten: Honigtau und Blütennektar. Die Bienen nehmen Blütennektar, Honigtau verschiedener Lausarten und Pflanzensaft auf und reichern ihn mit ihren körpereigenen Säften an. Sie speichern ihn in Waben, der Honig reift heran.

    Die Nährstoffe im Honig stärken das Immunsystem der Bienen

    Die Nährstoffe im Honig schützen die Bienen vor Krankheiten und Parasiten wie den für sie schädlichen Milben, die zum Teil für das voranschreitende Bienensterben verantwortlich sind. Imker versorgen ihre Bienen als Ersatz meist mit Zuckerwasser, wodurch diese anfälliger für Krankheiten werden.

    Eine Arbeiterbiene fliegt am Tag circa 40.000 Blüten an. Dabei nimmt sie nicht nur ihre Nahrung auf und baut fleißig am Bienenstock, sie bestäubt auch die Blüten mit den Pollen.

    Über ihren Rüssel saugt die Biene den Nektar auf und transportiert ihn in den Bienenstock. Dort angekommen, gibt sie ihn an die Stockbienen weiter, die ihn aufnehmen und immer weiter an andere Bienen übergeben. Auf diese Art wird der Honig nach und nach mit Säuren und Enzymen aus dem Bienenkörper angereichert. Durch das ständige Aufsaugen und wieder Abgeben, verdickt sich der Nektar und hat zum Schluss nur noch einen Wassergehalt von etwa 35 Prozent.

    Honig pro Jahr – weltweit rund 1.650.000 Tonnen

    Pro Jahr werden weltweit ca. 1.650.000 Tonnen Honig hergestellt, so die Food Agriculture Organization of the United Nations. Allein in Deutschland sind es 85.000 Tonnen, also mehr als ein Kilogramm Honig pro Einwohner.

    Genau wie in der Milchindustrie, geht es bei der Honiggewinnung darum, einen möglichst hohen Gewinn zu erzielen, die Tiere werden zur Nebensache. Sie werden in sogenannten Magazinen gehalten, die den echten Bienenstöcken nachempfunden sind.

    Das Ausschwärmen der Bienen wird verhindert

    ArbeiterbienenArbeiterbienen

    Um möglichst viel Honig zu produzieren, muss ein Imker sein Bienenvolk an das Magazin binden. Einige stutzen zu diesem Zweck auch heute noch die Flügel der Königin, obwohl diese Vorgehensweise unter Tierschützern verpönt ist. Die meisten verlassen sich daher auf eigens gezüchtete "schwarmträge" Bienenrassen, die keinen natürlichen Drang zum Ausschwärmen mehr verspüren. Weil die Arbeiterbienen an die Königin gebunden sind, bleiben auch sie im Magazin. Mithilfe von Schubladen gelangt der Imker an den Honig, nicht selten werden dabei Bienen verletzt.

    Um besser an den Honig zu kommen, setzt er einen Smoker ein. Durch den Rauch wird den Bienen ein Waldbrand vorgetäuscht. Ihr natürlicher Instinkt zwingt sie dazu, so viel Nahrung wie möglich aufzunehmen, um auf der Suche nach einem neuen Heim nicht zu verhungern. Ihr natürlicher Reflex, den Imker zu stechen setzt aus und er hat freien Zugriff auf ihren Honig.

    Sobald mehr als eine Königin in einem Bienenstock sitzt, schwärmen die Bienen aus. Das passiert meistens im Mai oder Juni. Weil der Imker in dieser Zeit besonders viel Honig erwartet, versucht er das zu verhindern. Er hängt zum Beispiel einen Schwarmsack vor die Einflugstelle der Bienen, in welchem sich die ausschwärmenden Tiere verfangen und anschließend vom Imker in einen neuen Bienenstock gebracht werden.

    Manche Bienenzüchter trennen auch das Bienenvolk und setzen die Brut und eine reife Königinnenzelle oder junge Königin mit einem Teil davon in eine neue Batterie.

    Eine weitere Methode funktioniert, indem der Imker eine befruchtete Königin in den Bienenstock setzt, was verhindert, dass darin neue Königinnen heranwachsen und das Bienenvolk nicht ausschwärmt. Die alte Königin wird ausgemustert. Bienenköniginnen können sechs Jahre alt werden, in einem Imkereibetrieb beträgt ihre Lebenserwartung gerade mal ein Jahr.

    Die Bienen leiden unter Eiweißmangel

    Schon im Larvenstadium leiden die Bienen durch die Honigentnahme der Menschen an Eiweißmangel. Sie sind dadurch nicht mehr vor Milben und anderen Feinden geschützt und anfälliger für Krankheiten. Einige Milbenarten (z. B. die Varroa-Milbe) sind dadurch heute dazu in der Lage, ganze Bienenvölker auszulöschen.

    Noch eine weitere Bedrohung sitzt den Bienen im Nacken: Immer mehr Pflanzenschutzmittel, darunter auch sogenannte Neonicotioide, kommen in der Landwirtschaft zum Einsatz. Bei Neonicotinoiden handelt es sich um eine Gruppe von hochwirksamen Insektiziden. Sie docken an die Rezeptoren der Nervenzellen an und stören die Weiterleitung der Nervenreize. Sie werden zur Blattbehandlung, zum Beizen (Behandlung des Saatguts) oder zu Behandlung des Bodens eingesetzt.

    Die Hersteller setzen sich gegen Verbote zur Wehr. Sie behaupten, dass keine Verbindung zwischen dem Bienensterben und dem Einsatz der Nicotionide besteht.

    Dabei lautet das Ergebnis einer europaweiten Metastudie, dass der Einsatz von Nicotinoiden nicht nur Honigbienen schadet, 3Sat berichtete. Der Einsatz des Gifts zieht in der Natur seine Kreise. Nicht nur Bienen leiden unter den Pestiziden, sondern auch Schmetterlinge, Fische und Vögel. Die Natur ist vom Einsatz der Chemikalien bedroht.

    "Es gibt klare Beweise!"

    bienenBiene bei der Sparrenburg in Bielefeld

    Professor Peter Neumann aus Bern über die Studie des EASAC (European Academies Science Advisory Council): "Es gibt klare Beweise, dass bereits geringste Mengen Neonoctinoide chronische Effekte auf Pflanzenbestäubende Insekten haben können." In der Studie zeigte sich, dass sich unter anderem, dass der Neonicotionoid-Einsatz einen frühen Tod der Bienenköniginnen und eine geringe Fortpflanzungsrate bei Wildbienen nach sich zieht.

    13 Forscher beteiligten sich an der Studie und beraten die Entscheidungsträger der Europäischen Gemeinschaft. Die Insektizide kommen derzeit in 13 Ländern zum Einsatz. Hergestellt werden sie hauptsächlich von Bayer in Deutschland und Syngenta in der Schweiz.

    Ein Teil der Problematik ist auch, dass die Bienen von bestimmten Pflanzenschutzmitteln angezogen werden. So fliegen sie mit Neonicotinoiden behandelte Pflanzen mit Vorliebe an und nehmen beim Aufnehmen des Nektars und der Pollen die Schadstoffe in ihren Organismus auf.

    Pflanzenschutzmittel beeinträchtigen das Wachstum der Bienen

    Die Nicotinoide wirken auf die Bienen wie eine Droge, sie lösen die gleichen Mechanismen aus, wie Nikotin im menschlichen Gehirn, die Bienen wollen immer mehr von dem für sie schädlichen Wirkstoff. In einer weiteren Studie haben Wissenschaftler aus Schweden herausgefunden, dass die Pflanzenschutzmittel das Wachstum der Bienen beeinträchtigen.

    bienenInsekten leiden unter Pflanzenschutzmitteln

    Auch wenn bereits 2008 ein Verbot für die als besonders kritisch geltende Saatgutbehandlung von Mais mit Nicotinoiden in Deutschland ausgesprochen wurde, das inzwischen auch für Rüben gilt, ist es wohl noch ein langer Weg, bis das Gift vollständig aus dem Verkehr gezogen wird.

    Wir sollten Bienen in Frieden lassen. Sie werden sich nur nachhaltig erholen können, wenn sie zu ihrer ursprünglichen Lebensart zurückkehren können und wir aufhören sie mit Gift zu drangsalieren und auszubeuten. Es gibt wunderbare Alternativen, man muss seinen Tee heutzutage nicht mehr mit Honig süßen. Ohne die faszinierenden Insekten werden wir Menschen es schwer haben, unser komplettes Ökosystem stünde auf der Kippe.

    Wie Wildbienen sich um ihren Nachwuchs kümmern, warum es so wichtig ist, Wildbienen Lebensraum zu bieten und wie Ihr das ganz einfach zu Hause auf Eurem Balkon oder im Garten machen könnt, könnt Ihr hier im Blog nachlesen.

    Wenn Euch der Artikel gefallen hat, freue ich mich über Euer positives Feedback. Ansonsten bin ich wie immer offen für Eure Anregungen und Kommentare.

    Hinweis: Auf den Fotos sind unterschiedliche (Wild-)Bienenarten zu sehen, die ich bei verschiedenen Gelegenheiten fotografiert habe.

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