It Was A Good Dream
"Wir wollen Melodien schreiben"
Eine meiner liebsten Post-Rock Platten ist im Moment "Help Me to Recollect" von It Was A Good Dream. Diese besonders gefühlvolle EP begleitet sich seit ihrer Veröffentlichung. Jetzt hatte ich die großartige Chance, mich mit Chris Anthony und Alex Glover von It Was A Good Dream über ihre Musik und ihren Schaffensprozess zu unterhalten.
Das sympathischen Duo aus Boston hat außerdem von der Zusammenarbeit mit James Bridges (Caspian, American Echoes, Mike Gordon) und die derzeitige Lage der Musikszene berichtet.
Anne: Hi! Vielen herzlichen Dank, dass Ihr Euch die Zeit für dieses Interview nehmt! Ich bin wirklich sehr neugierig, Euch kennenzulernen! Wie geht es Euch in diesen Zeiten? COVID-19 hat uns ja allen eine Menge Ärger eingebrockt.
"Wir werden schon bald neue Musik veröffentlichen"
Chris: Wir halten durch. Unsere komplette Tour für 2020 wurde bis auf Weiteres gestoppt, war für uns ein ziemlicher Dämpfer ist. Aber egal, wir hatten das Glück, ins Studio zu gehen, bevor das mit den Lockdowns überall losging und wir freuen uns drauf, schon bald neue Musik zu veröffentlichen!
Alex: Es hat uns tatsächlich eine Menge Ärger gebracht. Ich versuche trotzdem die positiven Seiten zu sehen. Für mich ist das zum Beispiel, dass ich viel mehr Zeit habe, mich in Projekte zu stürzen, an denen ich schon eine ganze Weile arbeiten wollte. Wir haben zum Beispiel zu Beginn der ganzen Sache einen improvisierten 12-stündigen Ambient Live Stream auf Loops basierender Musik auf Youtube geteilt. Das war eine tolle Erfahrung, aus der wir einiges gelernt haben. Das hat eine Menge Spaß gemacht. Wie Chris schon erzählt hat, haben wir kurz vor dem Lockdown ein Aufnahme-Projekt abgeschlossen. Wir haben außerdem damit angefangen, ein bisschen mit Ideen für unsere zweite LP herumzuwerfen.
Anne: Das klingt super spannend! Ich freue mich darauf, die neuen Sachen von Euch zu hören!
Ich hätte Euch ja eigentlich auf dem diesjährigen DUNK! Festival live gehört, das leider wie alle Konzerte im Moment verschoben werden musste. Sehen wir uns dort nächstes Jahr?
"Auf dem DUNK! Festival 2021 sind wir dabei"
Chris: Ja! Es würde so viel Spaß machen, die Interviews persönlich zu machen. Wir planen fest, 2021 dabei zu sein. Wir müssen uns unbedingt auf ein Bier und Pommes verabreden, wenn wir dort sind!
Alex: Absolut! Zum Glück haben die DUNK! Leute uns in dem Moment, in dem das DUNK! 2020 abgesagt wurde für nächstes Jahr zugesagt. Wir können es kaum erwarten!
Anne: Wir haben eine Verabredung! Ich freue mich auch schon so sehr darauf. Auf die Musik, die wunderbaren Leute, auf die Gespräche und natürlich auf die wunderbaren Pommes!
Welche Festivals mögt Ihr neben dem DUNK! in Belgien besonders gerne - als Künstler und auf der anderen Seite der Bühne?
"2021 kommen wir zum Bergmal Festival"
Chris: Das POST. Festival in Indianapolis wird von einem tollen Team organisiert. Die haben dort immer solide Acts im Line-up. Wir sind außerdem große Fans des Bergmal Festivals. Dort werden wir 2021 auch auftreten. Das Hear The Change in Italien, das ArcTangent in England, das VIVID in Norwegen und das Boston Calling hier in Massachusetts sind auch toll.
Alex: Außer auf der anderen Seite der Bühne, habe ich bis jetzt nur Festivals hier in den USA besucht. Ich war einer der Glücklichen, die 2019 auf dem Bonnard und dem Camp Bisco waren. Auf dem Camp Bisco gibt es jede Menge Bass-lastige elektronische Musik zu hören. Für mich ist das eine große musikalische Inspiration. Es zeigt sich nicht immer auf offensichtliche Weise, aber viele der elektronischen Elemente in unserer Musik stammen von Typen wie Bassnectar, Lane 8 und Tycho. Ich stehe auch sehr auf Phish. Viele ihrer Shows enden wie Festivals, weil sie diese dreitägigen Residencies in verschiedenen Städten veranstalten.
Anne: Ihr habt Euch 2018 gegründet. Wann habt Ihr bei DUNK! Records unterschrieben?
"2018 haben wir zum Komponieren genutzt"
Chris: Wir haben einen Großteil des Jahres 2018 damit verbracht, zu schreiben, aufzunehmen und unser Debut-Album "Help Me To Recollect" vorzubereiten. Im Sommer 2018 haben wir uns mit Wout und Luc von DUNK! zusammengetan und mit der Planung der Albumveröffentlichung Anfang 2019 angefangen.
Alex: Wie es Chris schon gesagt hat. Wir sind so glücklich mit diesen Leuten zu arbeiten!
Anne: Das glaube ich. Wout ist wirklich super. Alle bei DUNK! sind unglaublich nett. Man merkt, dass sie das was sie tun lieben. Jede⋆r geht seiner Aufgabe mit Herzblut nach.
Wenn Ihr die Zeit zwischen 2018 und heute betrachtet: Was hat sich seitdem für Euch als Band geändert?
"Wir finden unsere eigene Stimme"
Chris: An unserer Art zu Schreiben hat sich einiges geändert. Wir haben dieses Projekt gestartet, nachdem wir so viele Künstler aus der Post-Rock Szene gehört haben und mitverfolgt haben, was sie tun, um uns Inspiration zu holen. Seitdem haben wir angefangen, unsere eigene Stimme und unsere Art Musik zu schreiben zu finden. Wir haben auch ein Live Setup mit anderen Musiker⋆innen zusammengestellt, um unserem Sound noch mehr Fülle zu verleihen.
Alex: Es ist lustig. Die Band hat sich gegründet ohne wirklich... zu versuchen, eine Band zu sein. Wir hatten eigentlich nur vor, einen Abend gemeinsam zu jammen. Nach diesem Abend haben wir glaube ich für uns entschieden, uns das Ziel zu setzten, zwei gemeinsame Songs zu schreiben. Die nächsten paar Male, die wir uns getroffen haben, wurden aus diesen zwei Songs plötzlich fünf Songs, die sich dann wie von alleine zu unserem Album "Help Me To Recollect" zusammenfügten. Wir hatten damals also nicht wirklich den Bogen raus. Heute ist das ein bisschen anders, weil wir dieses Album schon in der Tasche haben. Jetzt geht es mehr darum, unser Fundament auszubauen und zu erweitern.
Anne: Chris, Du und Alex wart schon eine Weile Freude, bevor es mit It Was A Good Dream losging. Habt Ihr vor diesem gemeinsamen Projekt schon zusammen Musik gemacht?
"Wir haben schon zusammen in einer Indie Rock Band gespielt"
Chris: Alex und ich haben fast zehn Jahre zusammen in einer Indie Rock Band mit dem Namen Nemes gespielt. Es ist super, diese Freundschaft auf und vor der Bühne zu teilen!
Anne: Das klingt nach der perfekten Freundschaft. Und nach der perfekten Basis für eine Band!
Ihr stammt aus Boston, Massachusetts. Aus Eurer Stadt kommen eine Menge Hardcore und Post-Hardcore Bands. Würdet Ihr sagen, dass das Euren Sound beeinflusst hat?
"Mal sehen, was die Zukunft bringt"
Chris: Obwohl wir beide große Fans der Genres sind, würde ich nicht sagen, dass sie uns beim Komponieren stark beeinflusst haben. Wir haben mit einigen aggressiven Elementen herumgespielt, aber bis jetzt haben sie sich nicht wirklich eingefügt. Wir werden sehen, was die Zukunft uns bringt.
Alex: Ich bin mir ehrlich gesagt nicht so sicher, ob ich mit Chris' Meinung übereinstimme. Obwohl ein Großteil unserer Stücke nicht wirklich Hardcore ist, denke ich dennoch, dass viele der Rhythmen und Elemente, die wir nutzen, von diesen Bands beeinflusst sind.
Wildes Handgemenge
Anne: Ihr seid großartig! Ich finde es sehr sympathisch, wie einig Ihr Euch seid (Lachen).
Euer erstes Album (Nach Eurer geheimnisvollen Teaser Single "Forgetting How To Speak" 2018) trägt den Namen "Help Me To Recollect" und wurde auf DUNK! Records veröffentlicht. Im Mai 2020 habt Ihr die Single "Descent / Suppress / Sustain veröffentlicht. Ihr habt ja schon berichtet, dass Ihr an neuer Musik arbeitet. Erzählt mir mehr darüber!
Die neue Single "Spooling Lines Into The Deep" steht in den Startlöchern
Chris: Wir haben gerade das Mastering für eine weitere Single abgeschlossen. Sie wird später in diesem Jahr erscheinen. Der Name steht auch schon fest: "Spooling Lines Into The Deep". Das Stück ist etwa 17 Minuten lang und fühlt sich für uns fast wie eine EP an. Abgesehen davon, haben wir immer wieder Ideen für die Ausarbeitung unserer nächsten LP durchgespielt. Durch COVID und die Quarantäne sind wir allerdings noch nicht sicher, wann wir damit fertig werden oder etwas veröffentlichen können.
Alex: Ich bin wirklich gespannt darauf, "Spooling Lines Into The Deep" herauszubringen. Das ist auf jeden Fall das, was für uns als Nächstes ansteht. Außerdem habe ich das Gefühl, dass wir eine Million Ideen herumfliegen haben, wie das neue Album sein wird. Es wird auf jeden Fall bald eins geben. Soviel ist klar. Das können wir versprechen.
Anne: Euer erstes Album habt Ihr in einem Jahrhunderte alten Freimaurer-Tempel aufgenommen, der inzwischen ein Aufnahmestudio ist. Das hört sich für mich ziemlich faszinierend an. Wie hat sich das angefühlt? Ich würde gerne mehr über diesen Ort erfahren.
"Das Studio ist genial"
Chris: Es ist wirklich ein unglaublicher Ort. Wir sind begeistert, dass es das Gebäude immer noch gibt. Man findet dort jede Menge versteckte Gänge und Räume. Die Decken sind extrem hoch und die alles ist sehr geräumig. Wenn man dort aufnimmt, kann man auf eine ganze Masse an natürlichen Klängen zurückgreifen, mit denen man arbeiten kann.
Alex: Es ist genial! Ich glaube, es ist mein Lieblingsraum, um mir Drums anzuhören. Ich wünschte, wir könnten dort permanent unsere Proben machen. Die Wände sind unglaublich hoch und es ist Ort mit großartigen Vibes. Wenn Du Dir unser Live Video zu "Falling / Running / Mute" anschaust, kannst Du es sehen. Es wurde dort aufgenommen.
Anne: James Bridges (Caspian, American Echoes, Mike Gordon) hat "Help Me To Recollect" produziert. Wie war es, mit ihm zu arbeiten und wie seit Ihr mit ihm in Kontakt gekommen?
"James Bridges ist ein fantastischer Producer"
Chris: Wir hatten schon mit James an anderen Projekten gearbeitet. Als wir das Gerüst für unser Album fertiggestellt hatten, wussten wir, dass er unser Mann ist. Er ist ein fantastischer Sound-Ingenieur und Producer. Er hat so viele gute Ideen mit eingebracht. Es ist fast, als wäre er ein fester Teil der Band.
Alex: Es fühlt sich wirklich so an, als würde er fest zur Band gehören! Er ist großartig darin, diese wirklich natürlichen und gefühlvollen Klänge herauszuarbeiten und er hat immer großartige Vorschläge für Gitarrentöne. Ich kann mit voller Überzeugung sagen, dass unsere Aufnahmen ohne James' Beitrag ganz anders klingen würden.
Anne: Ein⋆e Redakteur⋆in von Everything Is Noise hat gesagt, dass es selten vorkommt, dass ein Album sie⋆ihn in eine andere Atmosphäre transportiert - unabhängig davon, in welchem Geisteszustand sie⋆er sich befand, als sie⋆er Eure Platte auflegte. David Zeidler von Young Epoch hat gesagt, dass Ihr Euch in einer Welt aus zarten Texturen, kontemplativen Nuancen und leidenschaftlichen Ausbrüchen bewegt. Ich denke, dass fasst ziemlich genau in Worte, wie ich über "Help Me To Recollect" fühle. Woher nehmt Ihr all die Kreativität und Inspiration, um Musik wie diese zu komponieren?
"Es bedeutet uns eine Menge, wenn die Leute nette Worte für unsere Musik finden"
Chris: Es ist immer schmeichelhaft, die netten Worte zu hören, die Leute für das, was wir tun, finden. Wir finden unsere Inspiration durch die Künstler⋆innen, die wir lieben. Diese Inspiration erweitern wir und kreieren daraus unseren eigenen Sound. Was an der Post-Rock Welt wirklich faszinierend ist ist, dass die Musiker⋆innen dazu in der Lage sind so wahnsinnig viele Emotionen mit ihren Stücken zu transportieren. Wir hoffen, dass wir dazu in der Lage sind, das auf eine Weise zu vermitteln, die für unserer Zuhörer⋆innen von Bedeutung ist.
Alex: Wie Chris schon gesagt hat: vielen Dank! Es bedeutet uns eine Menge, das zu hören! Ich denke, es kommt aus so vielen Ecken. Wir haben uns das Ziel gesetzt, Melodien zu schreiben und nicht nur Akkorde, Riffs und Beats. In diesem Genre gibt es ja nur selten Gesang. Darum arbeite ich wirklich hart daran, mit meiner Gitarre Stimmen nachzuahmen. Ich glaube zumindest, dass das ein bisschen etwas damit zu tun hat. Ich versuche, mir kleine Textphrasen vorzustellen, die eine Stimme singen könnte und übertrage sie dann auf die Gitarre. Diese Emotionen stehen für mich an erster Stelle.
"Wir wollen unseren Zuhörer⋆innen Ear Candy geben"
Eine andere Sache ist, dass es meiner Meinung nach wirklich wichtig ist, dem⋆r Zuhörer⋆in Ear Candy mit auf den Weg zu geben. Alle meiner Lieblingsalben beinhalten kleine Details, die ich auch noch bemerke, obwohl ich sie mir schon 100 mal angehört habe. Unkonventionelle Klänge, die die Stimmung der Musik irgendwie schon unbewusst verändern. Selbst, wenn sich die Akkorde und die Melodie im Laufe der Zeit nicht verändern, hoffe ich immer, dass ich eine anhaltende Schwingung um sie herum erzeugen und sehen kann, in welchen verschiedenen Räumen sie wirken können. Ich hoffe, dass wir das weiter auf unsere Art so übersetzen können.
Anne: Vielen Dank für dieses großartige Interview! Es hat mir wahnsinnig viel Spaß gemacht! Alles Gute für Euch!