"Biskopskniven" von Blessings
Post-Hardcore vom Feinsten
Von Blessings erscheint am 21. Mai ein neues musikalisches Highlight aus der Post-Music Ecke. Verantwortlich für das neue Album "Biskopskniven" ist das The Ocean Label Pelagic Records. Ich habe schon mal reingehört.
Das erste Stück trägt den Namen "The Hound". Es geht gleich mal so richtig unter die Haut – Post-Hardcore, wie wir ihn lieben und wie wir ihn uns gewünscht haben. Der Gesang bauscht sich auf, um dann von heulenden Lauten abgebrochen zu werden. Ein wildes und spannendes Spiel beginnt – kurz und prägnant. Das Statement kommt an. Helle und harte Gitarrenklänge mischen mich mit Shouts, die ins Ohr gehen – aus beiden Richtungen und wunderbar spannend akzentuiert. Irgendwann verlangsamt sich das Tempo auf ein Minimum und erstickt schließlich im anständigen Chaos des Breakdowns von "Strings Of Read", dem zweiten Song auf der Platte.
"A Belly Full Of Stone"
Blessings – "Biskopskniven"
Den dritten Song auf "Biskopskniven" könnt Ihr Euch genau wie den sechsten ("Iron Heel") jetzt schon anhören. "A Belly Full Of Stone" beginnt mit scheppernden Noise-Effekten und ufert in ein wütendes, treibendes und starkes Stück aus, das die Punk-Freund⋆innen unter Euch erfreuen sollte.
"The Whip Hand" ist ein rhythmisches Wunderwerk. Präzise und stimmig peitscht es voran und baut eine tolle Atmosphäre auf. Es bereitet uns auf den Höhepunkt des Albums vor, der sich zwischen Track 5 ("Komskottsknallen") und Track 6 ("Iron Heel") abspielt.
Die beiden Stücke stehen im Kontrast zueinander und wirken dennoch wie aus einem Guss. "Komskottsknallen" ist kometenhaft und wirkungsvoll von der ersten bis zur letzten Note, Iron Heel baut sich harmonisch auf und spitzt sich nach und nach zu. Das Video zum Song habe ich Euch unten mit angehängt.
"Old Bones"
"Old Bones" wirkt zunächst etwas gespenstisch. Die anschließenden Rückkopplungen kündigen die Gitarren an, die sich schließlich mit dem charakteristischen Geschrei verbinden. Was ist das? Akustische und ruhige Klänge im Mittelteil des Songs lassen eine andere Welt durchschimmern. Noch einmal baut sich die brutale Härte des Gesangs auf, um sich dann in einem in Loops verschwimmendes Ende aufzulösen – ein großartiger Song!
Ein bisschen ist mein letzter Schwedisch-Kurs schon her, was "Allting är jättebra" heißt, weiß ich allerdings noch. Es bedeutet soviel wie "Alles ist großartig". Also ein bisschen, wie die deutsche Antwort "Gut, danke!", wenn jemand fragt "Wie geht es Dir?" und eigentlich nur einen oberflächlichen Satz hören möchte. Ob sich das Lied wirklich darum dreht, kann ich nur vermuten. Wahre Gefühle bringt es auf jeden Fall zum Ausdruck. Mit 2:45 Minuten ist es das kürzeste auf der Platte. Getragen und tiefgründig mit besonderem Gesang und geflüsterten Lauten – höre ich hier ein bisschen Converge durch? Gefällt mir!
Im Anschluss folgt das Finale und gleichzeitig längste Stück auf der Platte. "Black Vestals" ist ein würdiges Ende für ein so Meilenstein-artiges Album. Blessings lassen hier nochmal so richtig die Puppen tanzen und zeigen, wie elektrisch, feinfühlig und detailverliebt Post-Hardcore sein kann.
"'Biskopskniven' ist vom Schlagzeug geprägt"
Blessings Synthie-Fachmann Erik Skytt kommentiert das neueste Werk seiner Band so:
"Das Schlagzeug hat den Sound von 'Biskopskniven' entscheidend geprägt. Die meisten Stücke haben wir mit einem sehr auf Loops- und Groove bezogenen Ansatz geschrieben. Es ist eine Art Drum-Manifest unseres Drummers Matthias Rasmusson. Die Songs haben dadurch eine ganz andere Grundlage, als die Musik auf unserem Debüt-Album. Die Platte lebt von ihren Wiederholungen und ihrer Einfachheit – auf Schnickschnack haben wir bewusst verzichtet."
Auf der Platte gibt es einige schöne At The Drive In Momente. Hinter den großen Ikonen der Szene müssen sich Blessings aber auf keinen Fall verstecken. Mit "Biskopskniven" fliegen sie hoch hinauf. Das Album spielt sich nicht nur im Hardcore Bereich ab. Man findet auch Anspielungen aus der Punk-, Heavy und No Wave Ecke.
Johan G. Winther
"Biskopskniven" bedeutet so viel wie "Das Messer des Bischofs". Was Blessings damit meinen, lässt sich nur vermuten. Der Sound der Platte schneidet definitiv tief ins Fleisch und dringt in die tiefsten Gefühlsebenen vor.
Hört man sich "Biskopskniven" an, spürt man, dass die Mitglieder der Band eine besondere Verbindung zueinander haben. Sie alle stammen aus der schwedischen DIY-Punk und Hardcore Szene und waren schon mit Projekten wie Ancho, Fä und Chester Copperpot unterwegs. Von "unbeschriebenen Blättern" kann man hier also auf keinen Fall reden.
Mit von der Partie ist übrigens auch Johan G. Winther, den ich vor kurzem zu seinem Soloalbum "The Rupturing Sowle" interviewt habe und der aus demselben Umfeld kommt wie Blessings. Er kommentiert "Biskopskniven" so:
"Das Album war wirklich eine gemeinsame kreative Leistung aller Bandmitglieder. Wir waren uns von Anfang an einig, dass wir es nicht aus der Hand und in die Welt geben würden, bis es genau so war, wir wir es uns gewünscht hatten. Wir wollten einen tiefen Sound erzeugen. Mit Texturen, die sich übereinander legen und der Eigenart, bei jedem Hören neue Details zu offenbaren. Wir haben hart daran gearbeitet, jedem Song eine eigene Stimme zu verleihen. Obwohl sich das manchmal nicht ganz einfach gestaltet hat, haben wir das Gefühl, dass es keine andere Weise gegeben hätte, 'Biskopskniven' entstehen zu lassen."
"Biskopskniven" ist ein besonderes Album
Wenn Ihr das Debüt-Album "Bittervatten" schon kennt, lasst Euch auf das neue ein. Ihr werdet es lieben, auch, wenn es komplett anders ist, als der Vorgänger. Die Band ist vielseitiger geworden. Es klingt fast, als wären sich die vier Schweden der Möglichkeiten ihrer Werkzeuge bewusst geworden, um diese nun in ihrem vollen Umfang auszuschöpfen. Das beinhaltet den Gesang genau wie die Arbeit mit Synthies, Gitarre und Rhythmusgruppe. Ich bin auf jeden Fall gespannt, wie es mit Blessings weitergeht. Sollte es das sich als das Alleinstellungsmerkmal der Band herausstellen, jedes Mal in einem komplett neuen Licht zu erscheinen, könnte uns auch mit der nächsten Platte wieder Großartiges erwarten. Aber jetzt hört Euch erstmal "Biskopskniven" an. Ihr werdet es nicht bereuen.
Die Platte ist wirklich ein Hochkaräter durch und durch: Das Mixing und Mastering hat kein Geringerer als Magnus Lindberg von Cult Of Luna übernommen. Das Artwork stammt vom schwedischen Künstler und Musiker Johannes Brander, der seine Bilder weltweit in Galerien präsentiert. Bei der Gestaltung ging es ihm, ähnlich wie bei der Musik auf dem Album, (Zitat) um eine tiefere und fiebrige Reise in eine innere Landschaft und unbekannte Orte, die aus der Asche der neuen Morgendämmerung aufsteigen (Zitat Ende).
Ihr könnt "Biskopskniven" hier vorbestellen.