Trail Of Dead Live @Strøm München 12. April 2013
Konzertbericht
Bereits seit Wochen hatten wir die Karten für das And You Will Know Us By The Trail Of Dead Konzert an unserem Kalender hängen und freuten uns, als es gestern endlich soweit war.
Zuerst sollte das Konzert in der Theaterfabrik stattfinden, ca. 1 Woche vorher wurde es dann ins Strøm verlegt, wohinter sich, wie sich gestern Abend herausstellte, der Lindwurmhof in München verbirgt, welcher schräg gegenüber meiner ehemaligen Schule gelegen ist. Da kam schon ein bisschen Nostalgie auf, als wir gestern durch diese Straßen liefen! Die Haltestelle Poccistraße. Wie oft bin ich hier ausgestiegen! Das Café Blue. Die Schule. Alles noch an Ort und Stelle. Nichts geht verloren. Alles bleibt.
Wir hatten Glück und fanden ziemlich schnell einen Parkplatz in der Nähe, was am Freitag Abend in downtown Sendling normalerweise kein Kinderspiel ist.
Wir waren beide schwer beeindruckt von der Location. Ein winziger gemütlicher Club mit 2 Bars und einer kleinen Bühne. Wir versorgten uns an der Bar und am T-Shirt-Stand und warteten vorne an der Bande auf die Band.
Von einer Vorband hatten wir nichts gehört, so waren wir einigermaßen überrascht, als eine Mädchenpunkband aus England als Support die Bühne betrat. Matze fand sie durchweg schlecht, mir gefielen sie gut, weil sie einfach ihr Ding durchzogen. Und das konsequent. Die Drummerin parkte gleich erst mal ihren Schuh auf dem Schlagzeug, um ihrem Fuss ein besseres Handling mit der Bassdrum zu ermöglichen. Proberaumstimmung kam auf. Spätestens, als die Mädels ein wildes Instrumentensharing, nach guter alter Trail Of Dead-Manier vom Zaun brachen und wie verrückt begannen, ihre Instrumente zu tauschen, bereute die junge Dame das Ablegen ihres Schuhwerks ein Wenig und fluchte unüberhörbar. Herzig, dachte ich mir. Genau das möchte ich auch machen!
Im Anschluss entpuppten sich die Roadies als norwegische Pseudohardcoreband, die auch noch ein bisschen über die Bühne schrabbeln durfte, ehe es ernst wurde. Die ganze Zeit flossen Jägermeister, Rum und Augustiner in Strömen, alle drei Bands hatten sich sichtlich lieb und prosteten sich permanent zu.
Schließlich betraten Trail Of Dead die Bühne und eins muss ich ihnen lassen: Die Jungs schaffen es jedes Mal auf's Neue, mich derartig zu überraschen, dass ich immer wieder neu kennenlerne. Auch gestern zeigten sie mal wieder eine ganz neue Facette ihrer schillernd bunten Lebensart.
Bereits bei den ersten Akkorden konnte man ihnen ein Wenig anmerken, dass sie bereits eine ganze Menge gebechert haben mussten. Allerdings spielten sie die ersten beiden Lieder noch mit vollem Elan. Ab Song 3 wurden dann die Späße immer wilder, die Männers stolperten über ihre Kabel, vergaßen einfach mal, ob die Verstärker nun an waren oder aus, oder gar sich selbst und das Publikum.
Besonders bunt trieb es Jason Reece, der es ca. ab der Mitte von 'Aged Dolls' nicht mehr aushalten konnte und ohne Rücksicht auf Verluste das Bad in der Menge suchte. Zuckersüß bedankte er sich bei allen für's Kommen und dafür, dass sie ihn so lieb getragen hatten. Er riss immer wieder alle Mikrophone mit sich, drei mal wurde ich von einem Mikrophonständer an der Schuler getroffen, blaue Flecken, die sich wirklich gelohnt haben. Was für eine Show! Nachdem sich Jason Reece und Neil Busch am Schlagzeug und an der Gitarre immer wieder abgewechselt hatten, war Jason irgendwann so durcheinander, dass schließlich der sichtlich genervte Roadie-Chef seinen Part übernehmen musste und Conrad Keely und seine Mannschaft mit Jasons Gitarre begleitete. Nach einer kurzen Pause nach dem extrem ausufernden 'Caterwaul' ließen es sich Trail Of Dead nicht nehmen, noch eine kaum noch als Song erkennbare Zugabe zum Besten zu geben, die in einem Purzelbaum des Bassisten, dem völligen Kontrollverlust des Schlagzeugers (nun wieder Jason Reece) und dröhnendem Applaus der Audience gipfelte.
Auch wenn von der unten abgebildeten Playlist, die sich die Band offensichtlich irgendwann mal vorgenommen haben muss, nicht mehr viel erkennbar war: Ein toller Konzertabend. Ich bereue nichts. Toll, Trail Of Dead mal wieder ganz neu entdeckt zu haben.
Ich muss auch zugeben, dass ich bereits einen flüchtigen Gedanken mit der Idee verschwendet habe, dass es sich bei diesem 'Punkkonzert', welches Trail Of Dead an diesem Abend im Strøm ablieferten, um einen kleinen, genialen Schachzug aus der Trickkiste Keelys handelte. Man kennt ihn als Künstler der Extreme. Wo er rumläuft, polarisiert er. Seine Malerei, seine Musik, seine Texte. Alles ist von diesem Hang zum Extremen geprägt, den ich so liebe. Warum sollte er sich nicht überlegt haben 'Hey, ich mache mit den Jungs eine Europatournee, verlege kurz vor den Gigs alles in kleine Säle, wir betrinken uns, bis wir nicht mehr können und treten zusammen mit zwei semiprofessionellen Punkbands auf und haben unseren Spaß. Back to the roots oder so. Natürlich brauche ich dazu einen Roadie, auf den ich mich zu 498 Prozent verlassen kann, den ich im Anschluss gleich als neues Bandmitglied begrüßen kann.'
Klar ist das ein Hirngespinst, aber eine schöne Vorstellung. Denn genau so konnte ich mir gestern Abend auch ausmalen, dass der liebe Herr Keely gerade seine ersten Erfahrungen mit dem bösen Weingeist macht.
Mein Fazit des gestrigen Abends: Wunderbar! Ich freue mich auf das nächste Mal, wenn es wieder heißt: Ich lerne meine Lieblingsband ganz neu kennen.
Im Anschluss habe ich mir erstmal einen starken White Russian im Café Blue gegenüber genehmigt. Denn wie hat der Dude schon gewusst? 'Es...es muss irgendwo da unten sein. Lasst mich noch mal nachsehen!'